Was Turnitin überprüft & eben nicht: Ähnlichkeit, KI & mehr

Turnitin ist weithin als ein Werkzeug zur Erkennung von Plagiaten bekannt – aber was überprüft es wirklich?
Von der Abgleichung von Schülertexten mit Milliarden von Quellen bis hin zur Erkennung von KI-generierten Inhalten bietet Turnitin Pädagogen zahlreiche Einblicke. Allerdings ist es nicht so, dass einfach nur Betrugsversuche angezeigt oder ein Bestanden/Nicht-bestanden-Score vergeben wird.
Schauen wir uns also genau an, wonach Turnitin sucht – und was nicht.
Was ist Turnitin? Wofür prüft es?
Turnitin ist ein Tool, das entwickelt wurde, um die akademische Integrität sicherzustellen. Es wird von den meisten Universitäten und Hochschulen eingesetzt und ist oft direkt in Plattformen wie Moodle, Canvas oder Blackboard integriert. Wenn Sie Ihre Arbeit einreichen, führt Turnitin automatisch im Hintergrund Überprüfungen durch – zusätzliche Klicks sind nicht nötig.
Aber was genau wird überprüft? Turnitin vergleicht Ihren Text mit einer umfangreichen Datenbank aus Internetquellen, wissenschaftlichen Publikationen und Einreichungen von Studierenden. Es markiert jeden übereinstimmenden Text und weist auf mögliches Plagiat hin. Falls die KI-Erkennung aktiviert ist, kann Turnitin's KI-Detektor zudem feststellen, ob Teile Ihrer Arbeit wahrscheinlich von künstlicher Intelligenz generiert wurden.
Überprüft Turnitin Plagiate?
Turnitin gibt an, dass dies nicht der Fall ist – Turnitin sucht nicht nach Plagiaten. Stattdessen erstellt es einen Similarity Report und nicht einen Plagiatsbericht, was eine bewusste Unterscheidung darstellt.
Wenn eine Arbeit eingereicht wird, vergleicht Turnitin den Text mit einer umfangreichen Datenbank, die Internetinhalte, wissenschaftliche Publikationen und zuvor eingereichte Studentenarbeiten umfasst. Dabei hebt es alle übereinstimmenden Textpassagen hervor und ermittelt einen Ähnlichkeitsprozentsatz, der angibt, wie stark der eingereichte Text mit vorhandenen Quellen übereinstimmt. Jede Übereinstimmung verweist zudem auf die Quelle zur weiteren Überprüfung.
Turnitin erstellt allerdings keine Bewertungen oder Anschuldigungen. Das Vorhandensein ähnlicher Textteile bedeutet nicht automatisch, dass ein Plagiat vorliegt. Ein direktes Zitat mit korrekter Quellenangabe wird beispielsweise trotzdem als Übereinstimmung erfasst. Ebenso kann Text ohne ordnungsgemäße Zitation als identisch mit einer bestehenden Quelle erscheinen und markiert werden – ob dies einen Verstoß darstellt, entscheidet der Dozent.
Andererseits können Fälle von mangelhafter Paraphrasierung oder nicht zugeordneten Ideen von Turnitin unter Umständen überhaupt nicht erkannt werden. Das bedeutet, dass nicht alle Plagiate durch den Ähnlichkeitsvergleich entdeckt werden und nicht jede Ähnlichkeit einen Plagiatsfall darstellt. Ein niedriger Ähnlichkeitswert garantiert also nicht, dass eine Arbeit vollkommen einwandfrei ist, ebenso wenig wie ein hoher Wert automatisch Fehlverhalten beweist. Der Bericht zeigt lediglich die Daten an; wie diese interpretiert werden, hängt von den akademischen Richtlinien und dem Ermessen des Dozenten ab.
Erkennt Turnitin KI?
Neben der Ähnlichkeitsprüfung bietet Turnitin nun auch eine Funktion, die versucht, Inhalte zu erkennen, die von künstlicher Intelligenz erstellt wurden. Dabei werden zwei Arten der KI-Nutzung unterschieden: Text, der von generativen KI-Tools verfasst wurde (wie ChatGPT) sowie Text, der mithilfe von KI-Paraphrasierungswerkzeugen verändert wurde. Die Ergebnisse dieser Erkennung werden im Ähnlichkeitsbericht wiedergegeben, wobei der Zugriff auf diese Funktion von den Institutionen gesteuert wird. Ob diese Funktion aktiv ist – und ob Lehrkräfte Einblick in die Ergebnisse erhalten –, hängt von den Einstellungen der jeweiligen Schule ab. Studierende erhalten keine Ergebnisse der KI-Erkennung.
Turnitins eigene KI-Erkennungssysteme, AIW und AIR, übernehmen diese Aufgabe. Wie funktioniert der Turnitin KI-Detektor? Dabei wird der Text in kleine Segmente aufgeteilt, die jeweils mit einem firmeneigenen Modell analysiert werden. Das System markiert anschließend alle Abschnitte, bei denen vermutet wird, dass sie entweder von KI-Tools generiert oder erheblich überarbeitet wurden. Diese markierten Bereiche werden mit Indikatoren für KI-generiertes Schreiben versehen, um Lehrkräften zusätzliche Anhaltspunkte bei der Bewertung der Einreichungen zu liefern.
Turnitin betont jedoch, dass dieses Tool nicht dazu gedacht ist, jemanden zu beschuldigen oder zu bestrafen, sondern vielmehr dazu dient, Lehrkräfte zu unterstützen, indem es einen erweiterten Kontext liefert. Die endgültige Bewertung obliegt nach wie vor dem Dozenten, der sämtliche verfügbaren Informationen – etwa die Schreibgewohnheiten eines Studierenden, frühere Arbeiten und die Kursleistungen – berücksichtigen muss, bevor er eine Entscheidung trifft.
Wie genau ist Turnitin? Da die KI-Erkennungstechnologie komplex und noch in Entwicklung ist, weist Turnitin darauf hin, dass es zu Fehlalarmen kommen kann. Wir empfehlen den Lehrkräften, vorsichtig mit markierten Inhalten umzugehen und die KI-Erkennungsfunktionen eher als Orientierungshilfe denn als endgültiges Urteil zu nutzen.
Wie Lehrer Turnitin nutzen
Lehrer setzen Turnitin vor allem ein, um die akademische Integrität zu sichern und gleichzeitig das Bewerten und Feedback effizienter zu gestalten. Neben der Überprüfung der Übereinstimmung von Texten bietet Turnitin auch Funktionen wie GradeMark™ und QuickMark™. Mit GradeMark™ können Lehrkräfte ausführliche und spezifische Anmerkungen direkt in Schülerarbeiten einfügen, während QuickMark™ das schnelle Hinzufügen häufig verwendeter Kommentare zu gängigen Problemen ermöglicht. Außerdem tragen Rubrik-Bewertungsbögen dazu bei, die Notenvergabe anhand festgelegter Kriterien zu vereinheitlichen.
Nicht alle Lehrkräfte stehen den KI-Erkennungsfunktionen von Turnitin jedoch vollauf positiv gegenüber. Einige haben Zweifel an der Genauigkeit von KI-basierten Markierungen geäußert und befürchten, dass eine zu starke Abhängigkeit von diesen Hilfsmitteln das Vertrauensverhältnis zwischen Schülern und Lehrern beeinträchtigen könnte.
Des Weiteren haben zahlreiche Dozenten in Foren wie Reddit betont, dass weder die Ähnlichkeitswerte noch die Ergebnisse der KI-Erkennung isoliert als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden sollten. Vielmehr muss die Interpretation dieser Daten immer im Kontext des jeweiligen Einzelfalls erfolgen.
Was Turnitin nicht erkennt
Fassen wir die wichtigsten Einschränkungen von Turnitin zusammen.
Zunächst erkennt Turnitin Plagiate nicht direkt. Wie Turnitin selbst erklärt, erstellt es Ähnlichkeitsberichte und keine Plagiatsberichte. Es liegt an den Lehrkräften, die Ergebnisse zu interpretieren und zu entscheiden, ob ein akademischer Verstoß vorliegt.
Turnitin kann zudem nicht die Genauigkeit der Zitierungen überprüfen oder die Qualität beim Paraphrasieren bewerten. Es markiert übereinstimmende Textpassagen, unabhängig davon, ob diese korrekt zitiert wurden. Das bedeutet, dass selbst sorgfältig zitierte Quellen im Bericht als Übereinstimmung erscheinen können.
Außerdem ist Turnitin nicht in der Lage, die Originalität von Ideen oder die Qualität des Schreibstils zu beurteilen. Es bewertet nicht, ob eine Idee innovativ, einfallsreich oder kopiert ist – es prüft lediglich die textliche Ähnlichkeit. Ebenso bewertet Turnitin nicht die Schreibmechanik, wie Struktur, Ton oder Grammatik.
Turnitin kann auch Quellen, die nicht in seiner Datenbank enthalten sind, nicht erkennen. Dazu zählen:
Gedruckte Materialien (z. B. Bücher, die nicht hochgeladen oder gescannt wurden)
Ausschließlich im Abonnement verfügbare wissenschaftliche Zeitschriften oder Repositorien
Nischen- oder wenig sichtbare Online-Inhalte
Wenn ein Material nicht in Turnitins Datenbank vorhanden ist, wird es nicht markiert – selbst wenn es kopiert wurde.
Schließlich entdeckt Turnitin keine anderen Formen des akademischen Betrugs wie:
Contract cheating (eine Arbeit kaufen)
Data fabrication or falsification
Unauthorized group work or collaboration
Diese Aspekte liegen außerhalb des Anwendungsbereichs von Turnitin als Textabgleichsystem.
Insgesamt zeigen diese Einschränkungen, dass Turnitin ein Werkzeug ist – aber kein abschließendes Urteil liefert. Seine Berichte bieten unterstützende Hinweise, jedoch muss die Endbeurteilung immer von einem menschlichen Gutachter vorgenommen werden.
FAQ
Kann Turnitin tatsächlich KI erkennen?
Ja, Turnitin kann Inhalte markieren, die möglicherweise von KI generiert oder umformuliert wurden, aber die Erkennung ist nicht immer zuverlässig und wird nur angezeigt, wenn die Institution dies aktiviert hat.
Welcher Prozentsatz gilt bei Turnitin als akzeptabel?
Es gibt keinen allgemein gültigen „akzeptablen“ Prozentsatz. Ein Ähnlichkeitswert unter 15 % wird im Allgemeinen als niedrig betrachtet, wobei die Dozenten mehr Wert darauf legen, was übereinstimmt, als auf den reinen Zahlenwert.
Erkennt Turnitin umformulierte Texte?
Turnitin kann ungeschickte oder nahezu identische Umformulierungen aufdecken, aber gut überarbeitete Inhalte werden möglicherweise nicht markiert. Die Erkennung hängt davon ab, wie ähnlich die Formulierungen den vorhandenen Quellen sind.
Was bedeutet der Prozentsatz, der als KI erkannt wird?
Dies bezieht sich auf den Anteil des Textes, den das Turnitin-System voraussetzt, möglicherweise von KI verfasst worden zu sein. Es handelt sich dabei um eine Schätzung und keinen Beweis, weshalb Dozenten diesen Prozentsatz im Kontext weiterer Informationen interpretieren sollten.
Fazit
Zusammengefasst: Turnitin eignet sich hervorragend, um Textübereinstimmungen und möglichen AI-Einsatz aufzudecken, doch es erkennt kein Plagiat und bewertet auch nicht die Qualität des Schreibens.
Die Berichte dienen lediglich als Ausgangspunkt für Lehrer, um weiter ins Detail zu gehen. Wenn man weiß, was Turnitin kann und was nicht, kann es intelligenter eingesetzt werden und sorgt so für Fairness bei ehrlicher, origineller Arbeit.